
Wie User Experience in Design und ein Verständnis über die Psyche zu überzeugender Gestaltung führen
Stell dir vor, du öffnest eine neue App. Noch bevor du bewusst nachdenkst, weißt du, wo du klicken musst, was dich weiterbringt und wie du dein Ziel erreichst. Dieses Gefühl von „intuitiv richtig“ ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis der Designpsychologie. Erfolgreiches Design baut auf Erkenntnissen auf, die Aufschluss darüber geben, wie unser Gehirn funktioniert.
Designerinnen und Designer aus den unterschiedlichsten Disziplinen – von Produktdesign bis hin zur Architektur – machen sich dieses Wissen zunutze. Und eines steht dabei vorne an: Menschen unterstützen, ihre Ziele zufriedenstellend, effizient und effektiv zu erreichen.
Design ist also nicht reine Ästhetik. Design verknüpft wissenschaftliche Theorien mit praktischer Gestaltung.
Die Basis: Usability und User Experience (UX)
Ein Fundament guter Gestaltung ist die Usability. Sie beschreibt, wie gut ein Produkt in einem bestimmten Nutzungskontext hilft, Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen. Dafür gibt es sogar eine Norm (DIN EN ISO 9241-11). Es geht darum, die Benutzer*innen, den Nutzungskontext des Produkts sowie die Nutzungsziele zu ermitteln und zu berücksichtigen.
Der zweite Grundpfeiler ist die User Experience (UX). Die User Experience geht noch einen Schritt weiter als die Usability (Gebrauchstauglichkeit). UX umfasst das gesamte Nutzungserlebnis (von der Vorfreude über die Interaktion selbst bis hin zum Gefühl nach der Nutzung).
UX umfasst den vollständigen Rahmen des Nutzungskontexts, hierbei soll das Gesamterlebnis (vor, während und nach der Nutzung) möglichst intuitiv, angenehm und zufriedenstellend anfühlen.
Definition: UX ist die „Wahrnehmung und Reaktion einer Person, die aus der tatsächlichen oder erwarteten Nutzung eines Produkts, Systems oder einer Dienstleistung resultieren“ (DIN EN ISO 9241-210)
User Centered Design
Um eine gute User Experience und Usability zu erreichen, setzen Designer*innen auf die Methode User-Centered Design. Wie das Wort schon vermuten lässt, dreht sich der gesamte Gestaltungsprozess um die Benutzer*innen. Der Prozess ist „benutzerzentriert“ und oft werden sogar echte Benutzer*innen miteinbezogen und fungieren als Expert*innen im Designprozess. Der Prozess gestaltet sich als Iteration: Es wird immer wieder getestet, angepasst, verfeinert – solange, bis das Produkt im Alltag überzeugt.
Unterm Strich erreicht man gute User Experience durch die Kombination verschiedener Methoden, Gestaltgesetzen und Gestaltprinzipien – aber immer mit Blick auf die Benutzer*innen.
UX und Usability sind wichtig für Websites, weil sie bestimmen, ob Besucher sich schnell zurechtfinden und ihre Ziele ohne Frust erreichen können. Eine gute Usability sorgt für klare Navigation, effiziente Abläufe und verhindert, dass Nutzer abspringen. Eine starke User Experience geht darüber hinaus, schafft positive Emotionen und steigert so Vertrauen, Wiederbesuche und letztlich den Erfolg der Website.
9 Allgemeine Gestaltgesetze
Unser Gehirn liebt Ordnung. Deswegen folgen wir unbewusst bestimmten Mustern. Weshalb es notwendig ist, allgemeine Gestaltprinzipien zu kennen, die dazu beitragen visuelle Klarheit und intuitive Strukturen zu schaffen.
- Aesthetic-Usability Effect: Nutzer*innen nehmen ästhetisches Design eher als benutzerfreundlich wahr, selbst wenn es onjektiv nicht zutrifft.
- Choice Overload: Menschen fühlen sich tendenziell überfordert, wenn eine große Menge an Optionen möglich sind.
- Hicks Law: Je komplexer und zahlreicher die Optionen sind umso länger dauert es, diese auszuführen. Man sollte daher die Optionen auf ein Minimum reduzieren ohne abstrakt zu werden oder komplexe Aufgaben in kleinere Zwischenaufgaben herunterbrechen. Oder durch Highlights den Nutzer durch den komplexen Inhalt führen. Je leichter etwas verarbeitet werden kann, desto positiver wird es bewertet. Schon nach 0,05 Sekunden fällt das Urteil über eine Website. Weniger Optionen = schnellere Entscheidungen.
- Jakob’s Law: Nutzer*innen verbringen einen Großteil ihrer Zeit auf anderen Seiten (oder mit anderen Produkten), weshalb sie es bevorzugen, wenn dein Produkt/Website auf gleiche Weise funktioniert. Sie haben eine gewisse Erwartungshaltung.
- Paradox of the Active User: Nutzer*innen lesen die Gebrauchsanweisung oder das Onboarding nicht durch, sondern explorieren. Wollen keine Zeit mit lesen/verstehen vergeuden.
- Miller’s Law, Cognitive Overload: Der Mensch kann im Arbeitsgedächtnis nur eine begrenzte Menge (durchschnittlich sieben) an Informationen gleichzeitig verarbeiten. Für Designer*innen bedeutet das: Inhalte sollten in überschaubare Gruppen gegliedert werden. Andernfalls steigt das Risiko, dass Nutzer*innen von einer zu großen Auswahl überfordert sind und den Überblick verlieren.
- Law of Similarity: Objekte, die ähnlich zueinander sind werden als Gruppe wahrgenommen.
- Isolation Effect: Wenn ein Objekt sich deutlich von einer Gruppe ähnlicher Objekte unterscheidet, bleibt dieses Objekt eher im Gedächtnis.
- Law of Proximity: Objekte, die nah beieinander sind, werden als Gruppe wahrgenommen.
Das sind nur einige Beispiele für Gestaltgesetze und -prinzipien, die dabei helfen, eine möglichst optimale Umgebung für Nutzer*innen zu schaffen. Es ist aber ebenso wichtig, niemanden durch Barrieren auszuschließen – mehr dazu erfahrt ihr im Thema Barrierefreiheit für Websites.
5 Gründe, warum UX wichtig ist
- Menschenzentrierte Gestaltung: Psychologische Prinzipien helfen, Produkte so zu entwickeln, dass sie sich an den Bedürfnissen, Fähigkeiten und Erwartungen der Nutzer orientieren.
- Intuitive Bedienung: Durch das Verständnis menschlicher Wahrnehmung und kognitiver Prozesse lassen sich Interfaces entwickeln, die ohne lange Erklärungen funktionieren.
- Emotionale Bindung: UX berücksichtigt nicht nur Funktionalität, sondern auch Emotionen – das stärkt Vertrauen, Freude und langfristige Nutzung.
- Vermeidung von Frustration: Gute Usability reduziert Fehler, Überforderung und Abbrüche und steigert damit die Zufriedenheit der Nutzer.
- Wirtschaftlicher Erfolg: Ein durchdachtes, nutzerfreundliches Design erhöht Konversionen, Wiederbesuche und Markenloyalität – und macht Produkte erfolgreicher.
Gestaltung ist weit mehr als nur „schön aussehen“. Sie beeinflusst, wie wir Dinge wahrnehmen, Entscheidungen treffen und ob wir uns mit einem Produkt verbunden fühlen. Wer die Prinzipien der Wahrnehmung, Usability und Emotion versteht, gestaltet nicht nur benutzerfreundlichere Produkte – sondern auch überzeugendere Erlebnisse.
Oder anders gesagt: Wer die Psyche versteht, gestaltet überzeugender.
